Aggression und Dominanz… für uns Menschen sind diese beiden
Begriffe häufig sehr eng verbunden. Und genau das führt im Umgang mit Tieren zu
den schauerlichsten Auswüchsen.
Gerade Pferde sind sehr anfällig für diese Art
des Umgangs. Denn im Gegensatz zu Hunden reagieren sie häufiger mit Flucht, als
mit Gegenaggression auf unangemessenen Druck. Und jede Angstreaktion des Tiers
ist für den Trainer eine positive Verstärkung dieses Verhaltens. Vermeintlicher
Gehorsam und Respekt gaukeln einen Erfolg vor. In Wahrheit kosten diese
Methoden mehr, als sie uns einbringen. Nämlich das Vertrauen des Tieres.
Ein häufig genommenes Argument für ruppigen Umgang mit dem
Pferd ist, dass es unter den Tieren, in der Gruppe, noch viel wilder zuginge. Doch ist das
wirklich der Fall?
Über die Jahre wurden die verschiedensten Beobachtungen an
wildlebenden und domestizierten Equidenbeständen durchgeführt um die Rangbildung
innerhalb dieser Gruppen zu ergründen.
Die erste und wichtigste Feststellung der Forscher war, dass
es hierbei keine einfache Regel geben wird. Je nach Habitat, Rasse und
Populationsdichte kommen die verschiedensten Herdenformen vor.
Junghengste werden mit der Geschlechtsreife (ca. ein- bis zweijährig) aus der Gruppe vertrieben und gründen bis sie ausgewachsen sind sogenannte Jungesellenverbände. Hier übernehmen tatsächlich die älteren und stärkeren Hengste die Führung und raue Kampfspiele sind an der Tagesordnung. Die Jährlinge lernen in diesem Umfeld aber nicht nur wie man kämpft, sondern auch wie man sich unterordnet, Fressfeinde abwehrt, eine Gruppe führt, wo es Wasser und Futter, Mineralien und Schutz gibt, und noch vieles mehr.
Mit ca. fünf
Jahren gelingt es den meisten Hengsten ihre erste Stute, oder gar Herde zu
erlangen und zu halten. In diesem Alter also, verlassen sie die Jungesellengruppe.
Unter den Pferden kommt es unter Umständen zu starken Auseinandersetzungen. Der überwiegende Teil der Kämpfe aber ist ritualisiert und führt nicht zu ernsthaften Verletzungen.
In menschlicher Obhut
haben wir eine völlig andere Situation. Gemischte Gruppen ausgewachsener
Tiere kommen in der Natur so gut wie nie vor. Auch die Gruppengröße überschreitet
oft (gerade in Lauf- und Aktivställen) bei weitem die natürlich gewachsener
Herden. Dies und auch das Kastrieren von Hengsten wirft ganz neue Konfliktherde
auf, die häufig der Grund für Aggression unter den Pferden sind.
zu viele Pferde auf zu engem Raum; Individualabstände einhalten wird unmöglich |
Auch haben viele Pferde nicht die Möglichkeit von älteren
Artgenossen zu lernen, was normales Sozialverhalten ist. Die klassische
Fohlenweide, auf der Absetzer mit Altersgenossen aufwachsen, ist ein großes
Übel für die Sozialisierung junger Pferde. Wenn auch, ein für Züchter häufig
notwendiges. Man stelle sich nur eine Gruppe vierjähriger Kinder vor, die ohne
jede erwachsene Bezugsperson aufwachsen und nur ihren eigenen Regeln
unterworfen sind. In solch einer Struktur gewinnt meist tatsächlich der, der am
aggressivsten vorgeht.
In Gefangenschaft sind die Gründe für Aggression vielfältig und oft wenig natürlich.
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Aufdringliche Nachbarn führen durch die fehlende Ausweichmöglichkeit bei Boxenpferden schnell zu Futterneid |
Rauer und unfairer Umgang mit Pferden ist also keinesfalls durch die Herdenstruktur zu rechtfertigen.
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Stimmen die Umstände sind Pferde hochsozial und sehr gesellig |
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